Jülicher Zeitung – Dienstag, 15. April 2025
SANDRA KINKEL
Der Baubeginn steht jedenfalls immer noch in den Sternen, obwohl erste Projektpläne bereits 2020 vorgestellt worden sind – Wirtschaftlichkeitsprüfung und Investorensuche.
Bereits Ende August 2020 hatte Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU) das ambitionierte Projekt vorgestellt: Auf dem ehemaligen Gelände der Dürener Glashütte Peill & Putzler sollte unter der Leitung der Dürener Gesellschaft für Arbeitsförderung(DGA), einer Einrichtung, die auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Menschen beraten, qualifizieren, beschäftigen und ausbilden will, eine Großküche entstehen. Rund 35 Millionen Euro sollten in das Projekt investiert werden, einen Küchenchef hatte man auch schon gefunden. Das Ziel: Jeden Tag rund 8000 Kinder und Erwachsene in Schulen, Kindertagesstätten, Seniorenheimen und Krankenhäusern mit einer gesunden, regionalen und nicht zuletzt leckeren Mahlzeit versorgen.
Passiert ist seitdem – nicht viel. Und das, obwohl der mittlerweile suspendierte Landrat seinerzeit die Eröffnung der neuen Küche für „spätestens 2023“ angekündigt hatte. Zwischenzeitlich ist klar, dass das Projekt nicht mehr auf dem ehemaligen Glashüttengelände realisiert werden kann, unter anderem, weil die Umsetzung der Vorgaben der Denkmalschutzbehörde viel zu teuer wäre. Die DGA hat mittlerweile in Vettweiß das ehemalige „Kesselhaus“ und ein 6000 Quadratmeter großes Grundstück gekauft, um dort die geplante Küche zu errichten. Im vergangenen Februar hatte DGA-Geschäftsführerin Astrid Küpper gegenüber unserer Zeitung erklärt, dass Ende 2025 Eröffnung gefeiert werden soll und täglich 8000 Essen produziert werden könnten.
Aus dem „Kesselhaus“ wurde der DGA-Betrieb „Seelenfutter“, der jeden Tag knapp 3000 Mittagessen in erster Linie an Kindertagesstätten im Kreis Düren liefert. Außerdem gibt es einen täglichen Mittagstisch und die Möglichkeit, die Räumlichkeiten an der Straße „An der Dampfmühle 1“ für private Feiern zu nutzen.
Und die geplante Großküche? Immer noch Fehlanzeige, mit dem Bau wurde nicht einmal begonnen. Ist das Projekt damit endgültig vom Tisch?
Eine Frage, die sich nicht so ohne Weiteres beantworten lässt. Fakt ist, dass es einen Kreistagsbeschluss gibt, die neue Großküche in Vettweiß zu bauen. CDU und Bündnis90/Die Grünen halten das Projekt immer noch für sehr sinnvoll und stehen uneingeschränkt dahinter. Fakt ist aber auch, dass der Landesbeauftragte Ferdinand Aßhoff dem Projekt nicht zuletzt aufgrund der hohen Kosten mehr als skeptisch gegenübersteht. Außerdem ist von Seiten der Politik zu hören, dass mittlerweile Investoren für die Großküche gesucht würden. In dem Zusammenhang ist hinter den Kulissen sowohl von dem österreichischen Unternehmen Swaroski als auch von Apetito, einem Unternehmen aus Rheine mit knapp 13.000 Mitarbeitern, die Rede. Außerdem ist zu hören, dass derzeit an einer Wirtschaftlichkeitsstudie für das Projekt gearbeitet wird, die in zwei bis drei Wochen fertig sein soll.
„Grundsätzlich“, sagt Stefanie Heinrichs, stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der DGA, „ist meine Fraktion immer noch von der Richtigkeit und Wichtigkeit dieses Projektes überzeugt. Und das gleich aus mehreren Gründen.“ Zum einen, erklärt die Christdemokratin, gehe es darum, möglichst gesund, regional und nachhaltig zu kochen. Heinrichs: „In der neuen Küche soll nach der Cook & Chill-Methode gekocht werden.“ Dabei werden die Speisen heruntergekühlt und erst vor Ort wieder aufgewärmt. „Der Unterschied zu Cook & Serve, der Methode, mit der aktuell gearbeitet wird, ist, dass die Speisen nicht lange warmgehalten werden müssen. So bleiben viel mehr Nährstoffe und Vitamine erhalten.“ Darüber hinaus soll die neue Küche ein Inklusionsbetrieb sein. Geplant ist, dass etwa 40 Prozent der Mitarbeiter Menschen mit Handicap sind.
Stefanie Heinrichs ist davon überzeugt, dass der Bedarf für eine solche Großküche da ist. „Die Zahl der Kita-Plätze steigt. Und spätestens wenn der Rechtsanspruch auf OGS-Plätze da ist, wird auch hier der Bedarf für eine hochwertige Verpflegung steigen.“
Aber ist es Aufgabe des Kreises, ein solches Unternehmen zu betreiben – auch mit Blick auf ein bekanntermaßen mehr als 120 Millionen Euro großes Defizit im Haushalt? Heinrichs, CDU und Bündnis 90/Die Grünen sind davon überzeugt. „Es wird immer schwieriger, gute und regionale Caterer zu finden“, sagt Heinrichs. „Deswegen glauben wir, dass der Kreis diese Aufgabe übernehmen muss. Und ich denke auch, dass das Projekt langfristig helfen kann, die Kreiskasse deutlich zu entlasten.“ Anders als der Landesbeauftragte müsse die Politik Visionen entwickeln. „Herr Aßhoff denkt aber nicht politisch, und er kennt die Struktur des Kreises nicht.“ Natürlich könne es sinnvoll sein ,noch einmal innezuhalten und das Projekt erneut genauestens zu prüfen. „Das kann helfen. Wird zu lange geprüft, kann das aber auch dazu führen, dass so ein Projekt endgültig stirbt.“
SPD-Kreisvorsitzender Max Dichant sieht das Projekt eher skeptisch, möchte sich abschließend aber erst äußern, wenn eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorliegt. Grundsätzlich hat er allerdings Zweifel, dass die Einrichtung einer solchen Großküche wirklich zu den Kernaufgaben eines Landkreises gehört. Außerdem hält er es zumindest für sehr fraglich, mit der Küche den Kreishaushalt sanieren zu können.
Georg Schmitz von der UWG, die von Anfang an gegen das Projekt war, sieht das ähnlich. „Von den 35 Millionen Euro, die für die Großküche im Raum stehen, sind schon dreiausgegeben“, sagt er. „Mehr sollten es aber jetzt erst einmal nicht werden.“ Der Kreis, ergänzt Schmitz, sei kein Wirtschaftsunternehmen mit einer ausreichenden Expertise für einen solchen Betrieb. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das als Inklusionsbetrieb mit so vielen Mahlzeiten jeden Tag funktioniert.“
Der Artikel im Original:
♦ Geplante Großküche vor dem Aus?
JZ_250415_KrsDN_AUS-fuer-die-geplante-Grosskueche